Tuesday, March 06, 2018

Berlin Breitscheidplatz: das dubiose Kontraste-Video




Just zur Eröffnung des Bundestags-Untersuchungsausschusses überraschte das ARD-Magazin "Kontraste" die Öffentlichkeit mit der Veröffentlichung eines Videoschnipsels, das erstmals zeigt, wie der LKW über den Weihnachtsmarkt fährt. Seine Geschwindigkeit liegt zwischen 40 km/h und 50 km/h. 

https://www.youtube.com/watch?v=8R5dum43ZAE

Das Video soll von einer Überwachungskamera stammen und wurde Kontraste "zugespielt". Die Quelle wird nicht verraten, was vermuten lässt, das es nicht aus Ermittlungsakten der Polizei stammt. Das erinnert an das Dashcam-Video, das ja auch von der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlicht wurde, ohne die Herkunft zu nennen. Die ungenannte Quelle macht das Video von vorneherein etwas dubios, und tatsächlich stehen die Bilder im Widerspruch zu den sich verdichtenden Hinweisen, dass der LKW sich nur langsam über den Weihnachtsmarkt schob:

Um kurz nach 20 Uhr hält er an einer roten Ampel. Als die Ampel auf Grün springt, fährt Amri an. Es ist 20.02 Uhr. Mit rund 15 km/h schiebt sich der LKW auf den Weihnachtsmarkt. 15 km/h sind nicht besonders schnell, doch an diesem Abend auf dem überfüllten Markt genug, um Menschen zu überrollen und Buden niederzureißen. (Zeit, 15. 4. 2017)
Amri wartet. Die Ampel am Berliner Breitscheidplatz zeigt Rot. Es ist exakt 20.00 Uhr, als der 24-jährige Tunesier auf die Senden-Taste drückt. Sein Anleiter am anderen Ende des Chats, ein Führungskader des sogenannten Islamischen Staates, wird nicht mehr antworten. Das Signal springt auf Grün. Amri gibt Gas. Er lenkt den stahlbeladenen Sattelzug direkt in eine Budengasse des quirligen Weihnachtsmarktes neben der Gedächtniskirche. Sekunden später sind elf weitere Menschen tot und über 60 Menschen verletzt. (n24, 8. 11. 2017)
Die Todesfahrt des Anis Amri über den Breitscheidplatz dauert 25 Sekunden. Mehrere Videoaufnahmen aus einem der oberen Stockwerke des Bikini-Hauses zeigen, wie sich unmittelbar nach dem Anschlag die Fahrertür des Lkw öffnet und Amri in Richtung Hardenbergstraße läuft. (Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15. 12. 2017)

Eine genauere Analyse des Videos wirft weitere Fragen auf. Die Position und Route des LKW vor Auffahrt auf den Markt kann dank der gut sichtbaren Strassenmarkierungen recht genau bestimmt werden. Mitten auf der Kreuzung Hardenbergstrasse/Kantstrasse/Budapester Strasse kreuzen sich zwei Markierungslinien (diese Stelle ist im Titelbild mit einem schwarzen Kreis markiert).  Der LKW fährt rechts an dieser Stelle vorbei. Das führt zu folgendem Diagramm - der LKW muss zwischen Laternenpfahl (L) und Fussgängerampel (F) hindurch.




Das Problem ist für jeden, der schon einmal einen LKW oder auch nur einen Transporter durch ein enges Tor manövrieren musste, offensichtlich: der Anfahrtswinkel ist äusserst ungünstig und lässt kaum Spielraum für korrigierende Lenkbewegungen. Jeder LKW-Fahrer würde die Linie zwischen L und F in einem möglichst stumpfen Winkel anfahren, und zwar möglichst nahe an F, weil er diesen Punkt vom Fahrersitz aus sehr gut im Blick hat. Eine optimale Anfahrt dürfte etwa so aussehen:



Jeder LKW-Fahrer würde also über die linke Spur der Hardenbergstrasse anfahren. Auf dem Kontraste-Video fährt der LKW jedoch über die rechte Spur an, obwohl ihn kein Autoverkehr daran hindert, links zu fahren. Dadurch macht er ohne Not das ohnehin schwierige Manöver, eine rechts-links-Kurve auf engem Raum, noch schwieriger. Verschärfend kommt die hohe Geschwindigkeit hinzu, die beim kleinsten Lenkfehler dazu führen würde, dass der LKW sich mit seinem Auflieger an Laternenpfahl L festbeisst, was sicherlich nicht im Sinne von jemandem wäre, der möglichst viele Menschen überfahren will.

Das Kontraste-Video muss angesichts dieser Umstände als mit hoher Wahrscheinlichkeit gefälscht gelten und fällt als Beweis dafür aus, dass der LKW mit hoher Geschwindigkeit über den Weihnachtsmarkt gefahren ist.