Bereits mehrfach habe ich auf diesem Blog auf den Zeit-Artikel vom 15. 4. 2017 hingewiesen, der enthüllte, dass der LKW nur 15 km/h schnell war und die ganze Angelegenheit damit in einem anderen Licht erscheinen liess. Die Nachricht wurde zwar von den Medien links liegen gelassen, erfuhr aber Monate später durch andere Berichte en passant Bestätigung. Was ausblieb, war ein Aufschrei.
Anlässlich des dritten Jahretages des Anschlags gelangten die 15 km/h nun in einem Gespräch zwischen den Zeit-Redakteuren Holger Stark, Sabine Rückert und Andreas Sentker wieder an die Oberfläche. Der Podcast ist hier, der relevante Abschnitt beginnt bei 1:00:45.
Abschrift des Gesprächsabschnitts:
Stark: Jedenfalls sitzt Amri da in dieser Fahrerkabine und chattet noch die Zeit über mit diesem Muhu Ains (?) in Libyen und sagt 'Jetzt ist sozusagen alles so weit', dreht dann noch so 'ne kleine Schleife, wir wissen, dass er da noch mal an 'ner Ampel hält, und dann so gegen 20:02 am Ende dann auf diesen Breitscheidplatz fährt. Am Ende gar nicht so schnell - 15 Stundenkilometer ungefähr - es ist bis heute nicht so ganz klar, ob sich 'ne Lichterkette im Räderwerk verheddert hat oder aber ob der Lastwagen selber abbremst, als er auf den ersten Widerstand stösst; aber tragischerweise, bei soviel Gewicht, selbst 15 Stundenkilometer reichen eben, um viele Menschen zu töten, wenn.. wenn du sie dann triffst... wenn du die von hinten erwischst, die gar nicht sehen, dass da so'n LKW kommt... in anderen Fällen gelingt es ... also dem einen Toten gelingt es noch seine Begleitung quasi aus dem Weg zu schubsen und er rettet ihr damit das Leben, wird aber selber erfasst und stirbt, also vor Ort ist es ein Blutbad.
Rückert: Wieviele Leute sind umgekommen?
Sentker: Zwölf, wenn wir den polnischen LKW-Fahrer mitzählen, sind's zwölf, elf auf dem Platz.
Rückert:...und es gibt viele Schwerverletzte...
Stark:...und viele Schwerverletzte... und bis heute eine Menge Traumatisierter, die noch Therapien machen und die bis heute teilweise noch immer nicht entschädigt sind. Es gibt immer noch Gespräche über Entschädigungen zwischen den Angehörigen und dem deutschen Staat, also die Wunde ist bis heute auf 'ne Art noch offen.
Sentker: Ich hab' Bilder mitgebracht, die damals auch in allen Medien veröffentlicht worden sind. Man sieht den Breitscheidplatz, man sieht die Berliner Gedächtniskirche im Hintergrund und man sieht diesen grossen Sattelschlepper mit dem grossen Auflieger auf diesem Platz stehen und die Schneise, die Amri in diesen Markt gefahren hat. Ich kann mir vorstellen, diese Menschen sehen auch teilweise diesen Wagen kommen und sie können gar nicht weg, das Gedränge ist gross, es ist ein Weihnachtsmarkt am Abend... wenn man dieses Bild sieht... das hat was bewirkt in dieser Republik.
Analyse
Die Contenance der Beteiligten ob dieser neuen Information ist bemerkenswert. Schliesslich hiess es doch bisher immer, der LKW sei gerast und habe deshalb so viele Menschen in den Tod gerissen. Die Frage, wie ein so gemächlich daherkommender Laster so ein schreckliches Blutbad anrichten konnte, ist ihnen aber durchaus bewusst, und sie präsentieren Erklärungen zur Glaubhaftmachung, allerdings dürftige. Stark: "...wenn du die von hinten erwischst, die gar nicht sehen, dass da so'n LKW kommt." Sentker: "Ich kann mir vorstellen, diese Menschen sehen auch teilweise diesen Wagen kommen und sie können gar nicht weg, das Gedränge ist gross, es ist ein Weihnachtsmarkt am Abend."
Was Stark und Sentker nicht erklären können, sind die zahlreichen Zeugenaussagen, die einen rasenden LKW bis hin zu 60 km/h gesehen haben wollen, und das vom RBB-Magazin Kontraste gesendete EuropaCenter-Video, das einen LKW zeigt, der viel schneller ist.
Die Geschwindigkeit 15 km/h als solche dürfte damit endgültig gesichert sein. Was bleibt, ist Diskussionsbedarf bei der Frage, wie ein so langsamer LKW ein solches Massaker anrichten konnte.
.